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Förderkreis Galerie 21 e.V.
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Moderne Kunst in einer Rückschau
(Fuldaer Zeitung, 21. November 2008)

 

FULDA Jean-Luc Mercié kam 1958 aus Paris nach Fulda. Der damals 19-jährige Künstler studierte in der französischen Metropole und dachte, seinen Altersgenossen in Osthessen in Sachen moderner Kunst wer weiß was erzählen zu können.

„Und dann war er völlig baff, was es hier bereits gab“, erzählt Franz Erhard Walther. Denn Mercié stieß auf Geichgesinnte, die ihm, dem Weltstadtbewohner, qualitativ in nichts nachstanden. Nachzuprüfen ist dies derzeit im Kunstverein Fulda an der Kanalstraße 52. Denn dort hängen Arbeiten des Franzosen neben Werken unter anderem von Walther, Karlfried Staubach, Udo Holzheimer und Bärbel Zielke. „Galerie Junge Kunst Fulda – 1958“ heißt die „historische Ausstellung“ (so der Untertitel), die dank der Zusammenarbeit des Kunstvereins und des Förderkreises Galerie 21 zustande kam. Die Schau ist eine Art Dokumentation. Denn sie ermöglicht einen Eindruck von dem, was vor 50 Jahren bei der ersten Ausstellung des Jungen Kunstkreises (Juku) dem Publikum gezeigt wurde. Die Präsentation setzte nicht nur vor einem halben Jahrhundert den Franzosen in Erstaunen, auch heute noch wird der Betrachter überrascht von der Tatsache, dass Osthessens Kunstszene damals auf aktuellem Stand war. „Und das in einer Zeit“, sagt Franz Erhard Walther, „als die Informationsbeschaffung weit schwieriger war“. Im Klartext: Es gab 1958 kaum Zeitschriften, die über die neuesten Trends berichteten, die erste Dokumenta von 1955 war eher eine Rückschau auf die Kunst aus der Zeit vor 1945, und das Internet gab es noch nicht. Vielleicht aber existierte ein kollektiver Wunsch nach Aufbruch und Neuanfang, der dazu führte, dass sich junge Kreative überall auf der Welt – also in Paris genauso wie in Fulda – bewusst abgrenzten von Traditionen.

„In den 50ern war das was Neues“

So ist zum Beispiel das „Stillleben“ von Karlfried Staubach, das nun zum zweiten Mal in der Kanalstraße hängt, mit seinen abstrahierten Krügen und der geometrisch aufgeteilten Fläche „ganz typisch für die 50er-Jahre-Kunst“, wie Franz Erhard Walther erklärt. Auch das Selbstporträt von Dieter Pfarr, das der mit einer selbstgebauten Lochkamera herstellte, wäre wenig spektakulär, stammte es von 2008. „Aber damals war das etwas völlig Neues“, erinnert sich Walther, der mit zwei Wortbildern vertreten ist. Natürlich orientierten sich auch Juku-Künstler an ihren Vorbildern. In Thomas Rückers Exponat „Via Ronco“ lässt sich unschwer Paul Klees Einfluss erkennen, Thomas-Peter Schardt arbeitete im Rahmen des damals hochaktuellen Informel, Karl Oskar Aha wiederum malte die Straßen Fuldas. Faszinierend sind die Bilder von Karin Boese und Bärbel Zielke. Ein Blick auf die Legende verrät: Beide waren 15 Jahre alt, als sie ihre Arbeiten schufen. Die eine – Boese – malte ungegenständlich, unterwarf ihre Bilder aber einer geometrisch stimmigen Konzeption. Die andere – Zielke – band ihren hervorragenden „Gummibaum“ in ein Farb- und Flächen-Konstrukt ein, das bis heute ungemein frisch und ansprechend ist. „Ich habe keine Ahnung, woher die beiden das damals nahmen“, sagt Walther. Keine Frage: Juku-Kunst überrascht und fasziniert. Heute wie damals.